Römische Einflüsse in unserer regionalen Küche

Unsere Mahlzeiten sind geprägt durch ein Überangebot an Lebensmitteln aus aller Welt. Mit zunehmender Reiselust sind auch internationale Gerichte so beliebt wie nie. Man kennt nicht nur italienische, griechische oder französische Spezialitäten, längst haben auch arabische, asiatische oder mexikanische Speisen unsere Kochrezeptesammlungen erweitert.
Andererseits würdigt man in allen Landstrichen jeweils auch die regionale Küche. Doch das, was man heute unter „regionaler Küche“ versteht, wurde selbst auch immer wieder durch fremdländliche Einflüsse bereichert – man denke nur an die Kartoffel!

Keiner hat dabei unsere regionale Esskultur so geprägt wie einst die Römer, die über den Zeitraum von mehreren hundert Jahren die „germanischen Provinzen“ besetzt hielten.
Nach anfänglichen Lebensmittelimporten zur Versorgung der römischen Legionäre bildeten sich bald vor Ort regionale Märkte in den Provinzen. Es entstanden Straßensiedlungen (vicii) und römische Landgüter (villae rusticae), die über den Eigenbedarf hinaus Erzeugnisse zur Militärverpflegung produzierten.
Auf vertraute Ernährungsweisen und Geschmacksvorlieben sowie den Weinkonsum wollten die Römer auch fern der römischen Heimat nicht verzichten, so dass viele Lebens- und Würzmittel notwendigerweise in den Provinzen eingeführt und angebaut wurden.

Gerade im Weinland Rheinland-Pfalz sind viele Relikte aus dieser Zeit zu finden.
Vieles, was man beispielsweise in der Südpfalz als regionale Besonderheit hervorhebt, wie Spargel, Feigen oder Kastanien geht auf die Landkultivierung während der römischen Besatzung zurück. Gleiches gilt für den Pfirsich und die Mispel, die heute noch in den Weinbergen an der Mosel zu finden sind.
Es ist auch davon auszugehen, dass Kräuter mediterranen Ursprungs durch römische Legionäre und ihre Gefolgschaften in die germanischen Provinzen kamen, wie beispielsweise die Petersilie, Bohnenkraut Liebstöckel oder Knoblauch und andere Zwiebelgewächse.

Da die Römer frühzeitig schon mit Griechenland, Nordafrika (Karthago) und Asien Handel betrieben, war die damalige, typisch „römische“ Esskultur ihrerseits bereits eine Mischung von antiken, griechischen und orientalischen Einflüssen.


Wir wissen heute ziemlich genau, was die Römer aßen und was sie im heutigen Deutschland kultivierten.

Archäologische Funde wie z. B. Knochenreste, Obstkerne, Spelzreste und Rückstände von Pflanzenschädlingen in ehemaligen Abfallhalden und Latrinen geben konkreten Aufschluss über die Ernährung in Militärlagern und in den zivilen Siedlungen.
Daneben gibt es zahlreiche Überlieferungen über Alltag und Lebensweise sowohl in Form von Abbildungen auf Kunstgegenständen, Siegessäulen, Mosaiken als auch als schriftliche Hinterlassenschaften. So wurde beispielsweise genau über die Nahrungsmittelrationen eines Soldaten Buch geführt, dem als Bestandteil seines Soldes täglich eine Grundverpflegung von einem Kilogramm Getreide und einem Liter verdünntem Wein zustanden. Zusätzliche Extras musste er von seinem Sold bestreiten. In der Nähe von Militärlagern hatte daher der Lebensmittelhandel in Friedenszeiten Hochkonjunktur.
Überliefert sind darüber hinaus zahlreiche Schriften über die Landwirtschaft von Cato (De agricultura), Varro, Columella und anderen, die der Verbesserung von Viehzucht, Teichwirtschaft, Pflanzenbau oder Sklavenhaltung dienen sollten.
Selbst Kochrezepte sind original erhalten. Das älteste erhaltene Kochbuch De re coquinaria (über die Kochkunst) stammt aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. von Marcus Gavius Apicius.
Zwar war Apicius ein Vertreter der kulinarischen Extravaganz, so dass seine Rezepte nicht unbedingt mit der Hausmannskost eines römischen „Normal-Bürgers“ vergleichbar waren, doch gibt sein Kochbuch mit einer anfänglichen Aufstellung der gängigen Lebensmittel einen guten Einblick in die damals bekannten und häufig verwendeten Zutaten. Abgesehen von seinem Faible für Hasengerichte, sind viele Fisch-, Geflügel- und Wildgerichte zu finden. Die gängigen Gemüse waren Karotten, Rote Bete sowie verschiedene Kohlarten. Aus anderen Quellen gibt es Hinweise auf Blattsalate wie Endivien oder Feldsalat und Blattgemüse wie Melde, Brennessel und Lattich. Als Gewürze wurden vorzugsweise Korianderkörner, Fenchel, Kümmel, Kreuzkümmel und Lorbeerblatt verwendet. Pfeffer, Zimt, Safran und Kardamom waren bekannt, aber edel und teuer und wurden in der alltäglichen Hausmannskost nicht verwendet.


Ländliche Hausmannskost

Natürlich unterschieden sich der Speiseplan und der Lebensstil der wohlhabenden Bürger der Stadt Rom grundlegend von bäuerlichen Haushalten und vom Leben in der Provinz.
Während in den vornehmen Häusern Roms gelegentlich opulente Gastmähler mit exotischen oder originell zubereiteten Speisen abgehalten wurden, musste man sich auf dem Land oder beim Militär mit dem kargen Lebensmittelangebot arrangieren.
Die ländliche Hausmannskost bestand überwiegend aus Getreide, Gemüse und Hülsenfrüchten. Letztere waren ein wichtiger Eiweißträger in der Ernährung, denn Fleisch gab es selten. Als tierische Erzeugnisse gab es in Gewässernähe viel Fisch, ansonsten im südeuropäischen Raum vornehmlich Schafs- oder Ziegenkäse.
Die Speisen wurden mit Olivenöl und vielen Würzsoßen, Gewürzen und Kräutern zubereitet. Salz diente nur zur Konservierung und wurde ansonsten sparsam verwendet.
Gesüßt wurde mit Honig, der auch zum Konservieren von Obst und zur geschmacklichen Aufwertung von Wein sowie in der Medizin eingesetzt wurde.
Als Getränke favorisierten die Römer leicht mit Essig gesäuertes Wasser oder leichte, teilweise stark verdünnte Weine. Ein Gehalt von Säure und Alkohol in den Getränken hatte auch hygienische Gründe.

Auch geschmacklich hatte die römische Küche vieles zu bieten.
Beim Betrachten römischer Kochrezepte entdeckt man süß-saure Geschmacksvorlieben mit einer großen Neigung zum Gebrauch von Gewürzen und Kräutern. Dagegen waren die Speisepläne der Kelten und Germanen regelrecht fade. Die reiche Vielzahl der von den Römern verwendeten Gemüsearten, Getreidearten, Hülsenfrüchten und neuen Obstzüchtungen bedeuten für unsere Region bis heute eine große kulinarische Bereicherung.


Nach heutigem Maßstab entsprach die oben beschriebene Hausmannskost der Römer im Wesentlichen der gesunden, so genannten „mediterranen“ Ernährung, eine von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) heute gerne empfohlene Ernährungsform.



Vertiefende Informationen zum Thema finden Interessierte hier:
  • Tourismuszentralen von Mosel, Eifel, Hunsrück, Saarland und Luxemburg (Hrsg.): „Salve“ – Magazin für 2007 zur Straße der Römer
  • „Die Römer – Republik und Kaiserzeit“, in: Magazin „Karfunkel Codex“ Nr. 4, 2006, Karfunkel Verlag, Wald-Michelbach
  • „Römisches Landleben“, in: Magazin „Antike Welt“, Zeitschrift für Archäologie und Kulturgeschichte Heft 4/2005, Verlag Philipp von Zabern, Mainz
  • Marcus Junkelmann: „Aus dem Füllhorn Roms – 34 Originalrezpepte aus der römischen Küche“, Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2000
  • Hans Kloft: „Die Wirtschaft des Imperium Romanum“, Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2006
  • Gunter Hirschfelder: „Europäische Esskultur – Geschichte der Ernährung von der Steinzeit bis heute“, Campus Verlag GmbH, Frankfurt/Main 2005
  • Hans Peter von Peschke, Werner Feldmann: „Kochbuch der alten Römer“, Patmos Verlag GmbH & Co., Albatros Verlag, Düsseldorf 2003
  • „Das römische Kochbuch des Apicius“, nach: Marcus Gavius Apicius: De re coquinaria / über die Kochkunst, Reclam-Verlag
  • Marcus Junkelmann: Panis Militaris - Die Ernährung des römischen Soldaten oder der Grundstoff der Macht, in: Reihe: Kulturgeschichte der antiken Welt (Band 75), 3. Auflage, Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2006
  • Helmut Schareika: Weizenbrei und Pfauenzunge - Die alten Römer bitten zu Tisch, Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart 2007
  • „Der Limes – Römische Grenze zwischen Rhein und Donau", Staatsanzeigerverlag


Annette.Conrad@dlr.rlp.de     www.fze.rlp.de/ernaehrungsberatung