Obst – besser nicht? Ernährung bei Fruktoseunverträglichkeit |
Stand: 03/01/2021 |
Obst ist ein wichtiger Bestandteil der gesunden Ernährung, aber für manche Menschen kann es leider auch zu gesundheitlichen Problemen führen: Sie leiden nach dem Verzehr von Obst oder Fruchtsäften unter Bauchschmerzen, Blähungen, Übelkeit oder Durchfällen, möglichen Symptomen einer Unverträglichkeit auf Fruktose (Fruktosemalabsorption). Die Fruktosemalabsorption oder intestinale Fruktoseintoleranz ist eine der häufigsten Lebensmittelunverträglichkeiten in Deutschland. Schätzungen zufolge ist ein Drittel der Bevölkerung betroffen, wenn auch teilweise nicht erkannt. Kinder sind häufiger betroffen. Mit dem Wachstum bessert sich jedoch teilweise die Verträglichkeit. Fruktose (Fruchtzucker) kommt von Natur aus in Früchten und Fruchtsäften, in vielen Gemüsearten und im Honig vor. Sehr häufig wird Fruktose aber auch als preisgünstiger und vermeintlich gesunder Zuckerersatz Süßigkeiten, Erfrischungsgetränken, Kinderlebensmitteln, Milchshakes, Speiseeis und anderen gesüßten Lebensmitteln zugesetzt. Unverträglichkeit auf Fruktose hat verschiedene Ursachen Reichlicher Verzehr Fruktose wird im Dünndarm über ein spezielles Transportsystem namens „GLUT-5“ absorbiert. Auf diesem Weg wird der Fruchtzucker der Nahrung aus dem Darminneren in die Zellen der Dünndarmwand geschleust, um dann weiter in den Körper transportiert zu werden. Die Kapazität des Transportsystems ist auch bei Gesunden begrenzt auf etwa 35 Gramm Fruktose je Einzelportion bzw. 60 Gramm je Tagesportion. 35 Gramm Fruktose sind beispielsweise in zwei großen Gläsern Apfelsaft (0,5 l) enthalten. Der nicht resorbierte Fruchtzucker gelangt in den Dickdarm und verursacht dort Beschwerden wie Blähungen oder Durchfall, die jedoch nach Abgehen der Winde oder spätestens nach dem nächsten Stuhlgang abgeklungen sind. Fruktosemalabsorption oder intestinale Fruktoseintoleranz Anders ist es bei einer Fruktosemalabsorption. Hier liegt eine Fehlfunktion des Fruktosetransporters GLUT-5 vor, so dass der Fruchtzucker nicht oder nur sehr begrenzt absorbiert wird und stattdessen in größeren Mengen in tiefere Darmabschnitte gelangt. Fruchtzucker wirkt hygroskopisch (wasseranziehend). Außerdem ist er „Bakterienfutter“, er wird von den Darmbakterien zu kurzkettigen Fettsäuren und Gasen (Kohlendioxid, Wasserstoff, Methan) abgebaut. Diese Gärungsprozesse lösen nachhaltig Beschwerden aus wie laute Bauchgeräusche, Blähungen und das Gefühl, dass der Bauch spannt, Stuhl mit wechselnder Konsistenz – Durchfall aber auch Verstopfung, Magenbeschwerden oder Übelkeit. Eine Fruktosemalabsorption liegt vor, wenn diese Symptome bei Aufnahme von weniger als 25 Gramm Fruktose auftreten. Häufig treten bei einer Fruktosemalabsorption depressive Verstimmungen mit erhöhter Reizbarkeit, Schlafmangel oder Konzentrationsstörungen auf. als Ursache wird eine verminderte Resorption von Tryptophan gesehen. Aus Tryptophan, einer notwendigen Aminosäure, wird im Körper der Nervenbotenstoff Serotonin gebildet, auch als "Glückshormon" bezeichnet. Außerdem geht eine Fruktosemalabsorption häufig mit einem Mangel an Folsäure und Zink einher, die Hintergründe sind unbekannt. Sorbit und andere Zuckeralkohole (Xylit, Maltit, Mannit) konkurrieren mit Fruktose um die Transportkapazitäten und verstärken die Symptomatik. Sorbit kommt in einigen Früchten vor. Außerdem werden verschiedene Zuckeralkohole als Zuckeraustauschstoffe in zuckerfreien oder -reduzierten Süßigkeiten verwendet. Eine Fruktosemalabsorption kann auch im Zuge von Dünndarmerkrankungen oder einer bakteriellen Fehlbesiedlung des Dünndarms auftreten (sekundäre Fruktosemalabsorption). Hereditäre Fruktoseintoleranz Die Fruktosemalabsorption muss abgegrenzt werden von der hereditären Fruktoseintoleranz (HFI), einer seltenen, angeborenen Stoffwechselstörung. Die Häufigkeit wird mit 1:20.000 und seltener angegeben. Ursache der hereditären Fruktoseintoleranz ist ein Defekt des Leberenzyms Aldolase B. Fruktose, ebenso wie Sorbit, wird - anders als bei der Malabsorption - zwar resorbiert, der weitere Abbau im Körper ist jedoch gestört. Nach Verzehr von Fruktose reichern sich giftige Stoffwechselprodukte im Körper der Betroffenen an. Die ersten Symptome treten meist im ersten Lebensjahr auf, wenn der Säugling mit der Einführung der Beikost erstmals fruktosehaltige Lebensmittel verzehrt. Unterzuckerungen, schwere Leber-, Nieren- und Darmstörungen sind die Folge. Die Betroffenen müssen lebenslang eine streng fruktosearme Ernährung einhalten. Im Folgenden steht die Fruktosemalabsorption im Vordergrund. Diagnose einer Fruktosemalabsorption Eine Unverträglichkeit auf Fruktose kann mit Hilfe eines Ernährungs- und Symptomtagebuchs und eines H2-Atemtests festgestellt werden. Der Patient trinkt auf nüchternen Magen eine definierte Menge in Wasser gelöste Fruktose (25 Gramm). In Abständen wird der Wasserstoffgehalt der Atemluft gemessen. Wird Wasserstoff in höheren Mengen festgestellt, ist das ein Hinweis auf Fruktosemalabsorption. Zudem sollte der Methangehalt der Atemluft gemessen werden, weil bei manchen Menschen die Darmbakterien Wasserstoff zu Methan umwandeln. Blähungen, Bauchkrämpfe, Durchfall oder andere Beschwerden in Verbindung mit dem Test weisen zusätzlich auf eine Unverträglichkeit hin. Gesund essen und trinken bei Fruktosemalabsorption Die Therapie einer Fruktosemalabsorption besteht in der Reduzierung der Fruchtzuckeraufnahme. Zu Beginn der Therapie sollten Betroffene fruktosearm und sorbitfrei essen und trinken (Basiskost), damit die Symptome abklingen und der Darm sich erholen kann. Der Erfolg der Ernährungsumstellung kann mit Hilfe eines Ernährungs-Symptom-Tagebuchs erfasst werden. Diese Phase dauert etwa zwei bis vier Wochen. In dieser Zeit sollte auch zuckerarm gegessen und blähende Lebensmittel gemieden werden. Bei Beschwerdefreiheit kann der Speiseplan nach und nach um Lebensmittel mit geringem bis mittleren Fruktosegehalt erweitert werden. Diese zweite Testphase dient dazu, die individuelle Verträglichkeit festzustellen und dauert etwa ein halbes Jahr. Danach ist eine normale, individuell fruktosereduzierte Ernährung möglich. Hilfreich ist es, wenn der oder die Betroffene von einer qualifizierten Ernährungsfachkraft begleitet wird. Geeignete Lebensmittel bei fruktosearmer und sorbitfreier Kost sind unter anderem:
Ungeeignete Lebensmittel bei einer fruktosearmen und sorbitfreien Kost sind insbesondere:
Gemüse hat „Vorfahrt“ Obst gehört für Menschen mit Fruktosemalabsorption zu den eher kritischen Lebensmitteln. Viele Obstarten enthalten mehr als 2 Gramm Fruktose je 100 Gramm Frucht. Das Fruktose-Glukose-Verhältnis ist meist ≥ 1, wünschenswert ist jedoch mehr Glukose als Fruktose. Dahingegen ist der Fruktosegehalt von Gemüse vergleichsweise gering und liegt zum Teil deutlich unter einem Gramm. Menschen mit Fruktosemalabsorption sollten reichlich Gemüse essen. Allgemein werden drei Portionen Gemüse und Salat am Tag empfohlen (400 bis 500 Gramm für Erwachsene, 200 bis 250 Gramm für Kleinkinder). Diese Empfehlung gilt umso mehr bei Fruktosemalabsorption, um eine ausreichende Versorgung mit wichtigen Nährstoffen wie Vitamin C, Folsäure, Vitamin A, Kalium, Magnesium und Ballaststoffen sicher zu stellen. Die Portionen sollten über den Tag verteilt verzehrt werden. Tipps: Bei der Auswahl der Gemüse sollte die individuelle Verträglichkeit berücksichtigt und ggfs. leicht verdauliche Gemüsearten wie Tomaten, Gurken, Zucchini bevorzugt oder Gemüse leicht gedünstet werden, um die Verdaulichkeit zu verbessern. Traubenzucker verbessert die Fruktoseverwertung. Das kann man nutzen und z.B. einen selbst hergestellten Fruchtquark oder Fruchtjoghurt mit etwas Traubenzucker süßen. Wegen ihres günstigen Glukose-Fruktoseverhältnisses sind beispielsweise Aprikosen, Pfirsiche, Honigmelonen oder Mandarinen häufig verträglich. Obst ist manchmal besser verträglich, wenn es im Rahmen einer Mahlzeit, z.B. als Nachtisch, verzehrt wird. Weitere Tipps für den Ernährungsalltag bei Fruktosemalabsortion
Fazit Vollwertig und abwechslungsreich essen und trinken! Dieser Grundsatz gilt auch für Menschen mit Fruktosemalabsorption. Wichtig ist, die individuelle Fruktoseverträglichkeit zu erfahren und von Zeit zu Zeit neu zu testen. Denn Verträglichkeiten können sich im Laufe der Zeit ändern. Wichtig für Betroffene ist auch, dass sie ihren Körper kennen und reagieren können. Obst – besser nicht! – Ein Verzicht in dieser Ausschließlichkeit ist i.d.R. nicht notwendig oder sinnvoll. Eine gewisse Vorsicht ist jedoch bei vielen Obstarten geboten und größere Mengen sind i.d.R. tabu. Der Genuss von Fruchtsäften kann bereits in geringen Mengen zu Magen-Darm-Symptomen führen. Adressen qualifizierter Ernährungsfachkräfte finden Betroffene hier: Qualitätszirkel Ernährung Rheinland-Pfalz e.V. VDOe Berufsverband Oecotrophologie e.V. Deutscher Allergie- und Asthmabund e.V. Quellen
|
|