Kein versteckter Alkohol für Kinder in Lebensmitteln

Stand: 04/03/2017
Eltern möchten nicht, dass ihre Kinder Alkohol bekommen. Manchmal geschieht dies jedoch unbewusst, denn einige Lebensmittel, die auch von Kindern gerne verzehrt werden, enthalten Alkohol in geringen Mengen, ohne dass dies auf der Verpackung gekennzeichnet werden muss.


Erkennbare und ungeahnte Verstecke für Alkohol

Prinzipiell darf Alkohol als Zutat in Lebensmitteln auch ohne Warnhinweis enthalten sein. Es reicht, dass der Begriff „Alkohol“ oder die Bezeichnung des jeweils verwendeten alkoholischen Getränkes, wie zum Beispiel „Weinbrand“ oder „Rum“, in der Zutatenliste aufgeführt wird. Natürlich sollen Kinderlebensmittel alkoholfrei sein, doch sind allgemeine Lebensmittel und Kinderlebensmittel oft nicht klar zu unterscheiden.

Malzbier beispielsweise, im Volksmund auch gerne als „Schwangeren- oder Kinderbier“ bezeichnet, enthält meist unter 0,5 aber auch bis zu einem Volumenprozent (vol.) % Alkohol. (Eine Alkoholdichte von 0,8 vol. % entspricht etwa einem Gewicht von 1 g Alkohol pro 100 g Lebensmittel)
Zudem ist der Begriff „alkoholfrei“ eine Frage der Definition. „Alkoholfreie“ Getränke dürfen laut Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (LMKV § 7b Anlage 4) bis zu 0,5 vol. % Alkohol enthalten. Bei alkoholhaltigen Getränken muss der Alkoholgehalt erst ab 1,2 vol. % deklariert werden.

Doch nicht nur in Getränken, auch in verarbeiteten Lebensmitteln und Süßigkeiten kann Alkohol als Zutat oder auch als technisches Hilfsmittel als Träger oder zur Konservierung z.B. von Aromastoffen versteckt sein. Technische Hilfsstoffe müssen nicht gekennzeichnet werden. Deshalb sollte bei Lebensmitteln, die bekanntlich häufig von Kindern gegessen werden, unbedingt auf Alkohol als technisches Hilfsmittel verzichtet werden. Dass dies gehen kann, zeigt das Ferrero-Produkt „Kinder-Milchschnitte“. Sie kam mit umgestellter Rezeptur und frei von Alkohol als „Milchschnitte“ neu auf den Markt, nachdem zuvor der Alkoholzusatz in der sandwichartigen Cremeschnitte bekannt geworden war, der das Kinderlebensmittel in Misskredit brachte.

Bezeichnungen wie „Weingummi“ oder „Weinsauerkraut“ deuten bereits auf einen geringen alkoholischen Gehalt hin. Grundsätzlich empfiehlt sich aber immer das Lesen der Zutatenliste: Fertigsuppen wie Ochsenschwanzsuppe oder Fertiggerichte wie Fleisch in Bratensoße sind eventuell mit Rotwein, Madeira, Sherry oder anderen Likörweinen abgeschmeckt. Obstwässer können Konfitüren zugesetzt sein und Rum oder Liköre findet man manchmal in Fürst-Pückler-, Amarena- oder Stracciatella-Eis. Auch Schokolade mit Füllungen, Cremetörtchen und kuchenähnliche Süßigkeiten können alkoholische Getränke als Zutat enthalten. Das muss auf der Verpackung im Zutatenverzeichnis angegeben werden. Hier gibt es jedoch eine Ausnahme: Verbirgt sich der Alkohol in zusammengesetzten Zutaten, die weniger als zwei Prozent im Endprodukt ausmachen, dann muss er nicht gekennzeichnet werden. Dennoch sind auch solche geringen Alkohol-Nuancen durch die menschliche Sensibilität wahrnehmbar. Man kann zum Beispiel sehr gut beim Öffnen eines Bechers Zabaionejoghurt oder einer Packung Donuts riechen, wenn der Alkohol bei längerer Lagerung aus den Lebensmitteln entweicht und zutage tritt.

In Weihnachtsstollen, gefüllten oder glasierten Kuchenerzeugnissen, ‚Dominosteinen’, Schoko-Ostereiern oder Schokoriegeln finden sich häufig zusammengesetzte Zutaten wie beispielsweise Schokoglasuren oder Marzipan, die Alkohol enthalten können. Besonders bei marzipangefüllten Erzeugnissen ist die Zutatenliste daraufhin zu prüfen, denn vielfach wird Marzipan nach traditionellen Rezepten mit Rum hergestellt.

Bei nicht deklarierungspflichtigen, minimalen Alkoholmengen ist zwar eine körperliche Wirkung bei Kindern ausgeschlossen, dennoch befürchten Ernährungswissenschaftler eine frühe geschmackliche Gewöhnung und dadurch schon eine frühe Bereitschaft für den Konsum dieses Genussmittels. Der Schwellenwert der Wahrnehmung von Alkohol durch Geruch oder Geschmack liegt je nach Sensibilität schon bei 0,2 bis 0,5 vol. %. Hierbei muss bedacht werden, dass kleinere Kinder eine sehr hohe Geschmackssensibilität besitzen, da sie gegenüber Erwachsenen nachweislich über ein Mehrfaches an Geschmacksknospen verfügen.
Neben Kindern käme es auch ehemaligen, geheilten Alkoholikern zu Gute, wenn technische Alkoholzusätze in Lebensmitteln deklariert werden müssten.

Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass auch ‚natürliche’ Lebensmittel Alkohol in geringen Mengen enthalten können. Dieser kann im Lebensmittel selbst durch herstellungsbedingte Vergärungsprozesse entstehen wie z.B. bei Kefir oder während der Lagerung durch fortwährende natürliche, unvermeidbare Gärungsprozesse, so z.B. bei Obstsäften, vor allem bei Traubensäften. Ein großer Unterschied zu alkoholischen Getränken besteht darin, dass der so entstehende Gärungsalkohol keinen typischen, ausgereiften Alkoholgeschmack hat, auch wenn er schon mal einen Gehalt von 0,3 vol. % überschreiten kann.

Alkohol in lose verkauften Lebensmitteln muss nicht gekennzeichnet werden. Daran sollten Eltern denken z.B. wenn sie Schwarzwälder Kirschtorte oder andere „beschwipste“ Torten in der Bäckerei kaufen. Ähnliches gilt für das Angebot in Gaststätten und Eisdielen sowie für kleine Einzelverpackungen wie gefüllte Schokoladenostereier oder ähnliches.


Elterntipps
  • Achten Sie bei verpackten Desserts, Süßigkeiten oder Gerichten in Fertigsoßen auf die Angaben in der Zutatenliste und auf ihre eigene Geruchs- und Geschmackswahrnehmung.
  • Fragen Sie im Zweifelsfall in der Eisdiele oder Konditorei nach.
  • Wenn Sie Ihren Kindern Ostereier, Nikoläuse oder ähnliches in Kleinverpackungen geben, dann wählen Sie Produkte aus reiner Schokolade ohne Füllung.
  • Mit der Verarbeitung von Grundnahrungsmitteln sind Sie grundsätzlich auf der sicheren Seite.


Quellen und weiterführende Informationen
  • Beate Heseker, Helmut Heseker: Nährstoffe in Lebensmitteln, Die große Energie und Nährwerttabelle, Umschau Zeitschriftenverlag, Neustadt an der Weinstraße 2013
  • Vivid - Fachstelle für Suchtprävention (Hrsg.): Praxismappe Suchtprävention, Übersicht über Alkohol in Lebensmitteln, im Internet unter vivid.at (Zugriff am 11.11.2014, Link veraltet)
  • Bundesverband für Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände Berlin (Hrsg.): Viele Lebensmittel enthalten Alkohol (Zugriff: 03.04.2017, Link veraltet)
  • Verbraucherzentrale Sachsen (Hrsg.): Alkohol in Lebensmitteln – Prost allseits? im Internet unter verbraucherzentrale-sachsen.de (Zugriff am 11.11.2014) (Link veraltet)
  • Jutta Kamensky: Versteckter Alkohol in Lebensmitteln, im Internet unter vis.bayern.de (Zugriff 27.11.2014)


Annette.Conrad@dlr.rlp.de     www.fze.rlp.de