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Blattläuse und ihre Gegenspieler
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Blattläuse und ihre Gegenspieler. Mit steigenden Temperaturen beginnt auch die rasante Entwicklung vieler Insekten in unseren Gärten. Wer seine Pflanzen aufmerksam beobachtet, kann auf vielen Pflanzen zahlreiche Blattläuse entdecken. Da sich die meisten Lausarten auf bestimmte Pflanzen spezialisiert haben, kommt es häufig vor, dass nur eine Pflanzenart stark befallen ist, und ihre Nachbarn keinerlei Befall aufweisen. Eine interessante Aufstellung der verschiedenen Arten und ihrer bevorzugten Wirtspflanzen finden Sie hier. Von Nahem betrachtet sind Blattläuse überaus interessante Tierchen mit einem spannenden Lebenszyklus. Die Eier überdauern den Winter an den Zweigen von Gehölzen, deshalb treten die ersten frisch geschlüpften Läuse an holzigen Pflanzen auf. Diese sind ausschließlich Weibchen, sog. Stammütter, die dann wiederum weibliche Nachkommen lebend gebären, drei bis fünf am Tag. Auch ihre Töchter regeln die Familiengründung alleine und gebären lebende Töchter- durch echte Jungfernzeugung! Je nachdem wie eng es auf der Wirtspflanze wird, werden sie mit oder ohne Flügel geboren, um dann durch die Luft zu neuen Weidegründen aufbrechen zu können. So können schnell große Kolonien an vielen Pflanzen entstehen, zur Freude ihrer Jäger. Das geht über den Sommer so weiter, bis dann im Herbst zusätzlich zu den Töchtern die ersten Söhne zur Welt gebracht werden, beide mit Flügeln. Diese Herbstformen können sich paaren und zu den Überwinterungspflanzen wandern, wo ihre Nachkommen dann als Eier bis zum Frühling überdauern. In milden Wintern können auch ungeflügelte Weibchen überdauern und sind dann zu unserem Leidwesen noch früher am Start. Alle Gärtner*innen, die ihre Pflanzen lieben, wollen diese nun retten und schnell von den ungeliebten Saugern befreien. Indem sie die Leitbahnen der Pflanzen anstechen, können die Blattläuse den dort transportierten zuckerhaltigen Saft saugen. Da sie viel mehr aufnehmen als sie brauchen, scheiden sie eine ebenso zuckerhaltige Lösung wieder aus. Diese Ausscheidungen werden Honigtau genannt und sind eine Delikatesse für andere Insekten wie Ameisen, die deshalb Blattläuse in Kolonien halten und sie pflegen und melken wie eine Kuhherde. Auch Bienen sammeln diesen Honigtau und bereiten daraus in blütenarmen Zeiten und Wäldern den auch für Menschen köstlichen Waldhonig. So könnte man sie fast schon wieder als Nützling bezeichnen. Man sieht, die Einteilung in Nützling und Schädling greift oft zu kurz! Erst wenn sie nicht eingesammelt werden, können diese Honigtauausscheidungen zum Problem werden. Dann legen sie sich als eine klebrige, glänzende Schicht auf die Blätter und die ganze Umgebung der Pflanze, wo sie wiederum von Rußpilzen besiedelt werden. Diese schwarze Schicht schwächt natürlich die Pflanze, die darunter kein Licht aufnehmen und Photosynthese betreiben kann. Die Saugtätigkeit der Blattläuse kann außerdem zu verdrehten und verkrüppelten Blättern und Trieben führen, und so vor allem junge Pflanzen schädigen. Nicht zu vergessen ist auch die Rolle, die Blattläuse bei der Übertragung von Viren spielen können! Hier sind keine Läuse mehr zu sehen, doch ältere Saugschäden können lange erhalten bleiben. Die neuen Triebe wachsen darüber hinaus oder müssen durch Rückschnitt entfernt werden. Saugschaden an Zwetschge ©Eva HofmannBlattverkrüppelungen an Quitte ©Eva Hofmann Doch es lohnt sich innezuhalten und zu beobachten, wie schlimm der Befall wirklich ist, und vor allem gründlich zu überlegen, ob wir wirklich zur Spritzflasche greifen müssen, um die Blattläuse los zu werden- das sollte immer nur das allerletzte Mittel sein! Nach einer Spritzung sind die Läuse erstmal weg, doch das Problem ist damit nicht gelöst. Sie regenerieren sich danach sehr schnell und bauen ihre Populationen in Windeseile wieder auf, z. B. durch die Zuwanderung von geflügelten Tieren. Die Tiere, die sie fressen, bleiben aber nicht im Garten, wenn sie nichts zu fressen finden, und sind bei einem erneuten Befall nicht zur Stelle. So ist ihnen auch mit dem Einsatz von „nützlingsschonenden“ Mitteln nicht geholfen. Als Gärtner greifen wir durch unser Handeln in sehr komplexe biologische Prozesse ein, und können die Folgen schwer oder gar nicht überblicken. Uns hilft es „etwas zu tun“, doch der Natur im Garten nicht unbedingt- üben wir uns in Geduld und in Beobachtung! Erste Hilfe für unsere Pflanzen können wir leisten, indem wir die Blattläuse mechanisch zurückdrängen. Das geht durch ein Abspritzen mit dem scharfen Wasserstrahl aus dem Schlauch, bei empfindlichen Pflanzen können wir sie auch vorsichtig mit viel Wasser abwaschen. Auch Abschneiden stark befallener Triebe und Zerdrücken und Abwischen kann sie erheblich reduzieren. Vorbeugend, vor allem wenn der Befall im Vorjahr sehr stark war, könnte man schon zum Winterende eine Austriebsspritzung vornehmen, um die überwinterten Läuse zu erwischen, doch mit ihnen reduzieren wir genauso die Nützlinge. Natürlich können wir sie damit nicht komplett beseitigen, und das ist auch ganz in Ordnung! Warum? Blattläuse sind das erste frische Futter für viele andere Insekten und Vögel, die wir deshalb als „Nützlinge“ bezeichnen. Wenn wir Marienkäfer, Florfliegen, und Schwebfliegen im Garten haben möchten, müssen wir ihren Larven eine Nahrungsgrundlage bieten- dafür sorgen die ersten Blattlauskolonien! Diese Nützlinge können sich nur vermehren und später noch viele andere pflanzenfressende Insekten vertilgen, wenn mit diesen ersten Blattläusen ein Nahrungsangebot gesichert ist. Marienkäfer sind die bekanntesten „Läusefresser“, doch auch ihre Larven vertilgen große Mengen der kleinen Tiere. Der heimische Siebenpunkt Marienkäfer ist allseits bekannt. Seine bunten asiatischen Verwandten haben sich stark verbreitet, weil sie als Nützling zur Blattlausbekämpfung importiert und verkauft wurden. Sie vertilgen zwar noch mehr Blattläuse, schrecken aber auch vor anderen Insekten und Larven, sogar denen ihrer Artgenossen nicht zurück. Sie verdrängen mittlerweile die heimischen Marienkäfer nicht nur durch ihre Nahrungskonkurrenz, sondern auch durch die Verbreitung von Parasiten. Weniger bekannt sind die Larven der Schwebfliegen. Die erwachsenen Tiere tarnen sich als kleine Wespen, sind jedoch vollkommen harmlos und neben Bienen und Hummeln wichtige Bestäuber von Blütenpflanzen. Mit blühenden Beeten können wir ihnen einen reichgedeckten Tisch bieten, und ihren Kindern ein paar Blattläuse an den Rosen übrig lassen! Sie legen ihre Eier direkt in die Blattlauskolonien und die geschlüpften Larven saugen eine Blattlaus nach der anderen aus. Wenn Sie aufgeblähte Blattläuse finden, könnte das auf einen Befall mit Schlupfwespen hinweisen. Diese winzigen Wespen legen ihre Eier direkt in die Blattlaus hinein. In diesem geschützten Kinderbett wachsen die Larven heran und ernähren sich dabei von der Laus, bis sie schlüpfen und eine trockene Hülle zurücklassen. Im Handel als Nützlinge erhältlich sind auch die Räuberischen Gallmücken, winzige nachtaktive Insekten, die Ihre Eier in Blattlauskolonien ablegen. Dort futtern sich die Larven zwei Wochen lang durch das reiche Buffet, bis sie sich im Boden verpuppen. Die erwachsenen Mücken ernähren sich von Honigtau, Nektar und Pollen. Auch hier sind blühende Beete und schonende Bodenbearbeitung hilfreich, um sie dauerhaft im Garten zu halten. Blattläuse sind auch Futter für Wespen, Ohrwürmer, Spinnen und viele andere hilfreiche Tiere, die oft nur ein wenig Zeit brauchen, sie in Ihrem Garten zu finden. Kommen Sie Ihnen nicht zuvor! Ein herrliches Bild ist es wenn Meisen kopfüber in den Zweigen turnen, und ganze Triebe durch ihre Schnäbel ziehen, um die Blattläuse regelrecht abzuschlürfen! Diese sind wichtiges Futter für die jungen Nestlinge, die dann später hauptsächlich mit Raupen gefüttert werden. Eine Kohlmeisenfamilie vertilgt unglaubliche Mengen an Insekten, zusammen benötigen sie bis zu 75 kg Insekten im Jahr, das sind abertausende Blattläuse und Raupen. Noch mehr Rechenbeispiele? Eine Blaumeise benötigt am Tag etwa ein Drittel ihres Eigengewichts an Futter- das sind ca. drei Gramm. Eine Blattlaus wiegt 0,4mg, so muss sie täglich 800 Blattläuse fressen! Lassen wir ihnen diese, unterstützen sie uns später bei der Bekämpfung von Raupen wie dem Buchsbaumzünsler, Gespinstmotten oder sogar den gefürchteten Eichenprozessionsspinner. Aus diesen Gründen wurden Meisen schon seit dem Mittelalter in Obst- und Gemüsegärten angesiedelt, mit Brutkästen unterstützt und im Winter gefüttert. Es war bei Strafe verboten, ihnen etwas zuleide zu tun, und nur wer „eine Meise hatte“ kam auf eine solche Idee!
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